Aachen, 03.02.2025
Schleiftagung 2025 – Ein starkes Netzwerk und innovative Ideen führen durch wirtschaftlich herausfordernde Zeiten
Am 29. und 30. Januar 2025 lud das Manufacturing Technology Institute – MTI der RWTH Aachen gemeinsam mit der refocus consulting GmbH erneut in die Schwabenlandhalle Stuttgart-Fellbach zur Schleiftagung ein. Institutsleiter Prof. Dr. Thomas Bergs betonte bereits in seinen Eröffnungsworten, dass die enge Vernetzung von Industrie und Wissenschaft mit- und untereinander ein zentraler Schlüssel für die gegenwärtig anspruchsvolle wirtschaftliche Lage sein kann. Die Schleiftagung, die mit ihrer nunmehr 22. Ausgabe als Traditionsveranstaltung gelten könne, sei ein gutes Beispiel dafür. Tagungsleiter Jannik Röttger (EMAG Maschinenfabrik GmbH) führte gewohnt souverän und kompetent durch die Impulse und Lösungsansätze, die im Vortragsprogramm der Veranstaltung präsentiert wurden. Das Programm begann mit dem Keynote-Vortrag von Dr. Frank Fiebelkorn (Fritz Studer AG), der einen Querschnitt durch die produzierende Industrie zog und so identifizierte, welche Handlungsfelder angesichts der aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen als Zukunftsbranchen für die Schleiftechnik gesehen werden können.
In der Themensession zu moderner Maschinentechnik zeigten in Ihren Vorträgen Jan Schmid (Erwin Junker Maschinenfabrik GmbH) und Mark Stocker (Fives Landis Ltd) auf, dass es sich lohnen kann, unkonventionelle konstruktive Ansätze mit einem hohen Neuheitsgrad in der Schleifmaschinenentwicklung zu verfolgen. Zu solchen Ansätzen zählen auch die Methoden der künstlichen Intelligenz und Simulationstechnik, die Prof. em. Dr.-Ing. Dr. h.c. Konrad Wegener (inspire AG) erläuterte. Obwohl sie zunächst Black-Box-Modelle scheinbar ohne physikalischen Hintergrund sind, ermöglicht ein wissenschaftliches Grundverständnis, die Berechnungsergebnisse zu plausibilisieren und in die Applikation zu bringen. Auch robotergestützte Automatisierungslösungen können in Zeiten des Fachkräftemangels zur ökonomischen Leistungsfähigkeit einer industriellen Produktion erforderlich sein. Erfolgversprechende Anwendungen, unter anderem im Teilehandling, präsentierte Robert Koopmann (Fanuc Deutschland GmbH) in seinem Vortrag, in dem er auch auf die Möglichkeiten der aktuell sehr medienpräsenten Large Language Models zur Unterstützung in der Programmierung einging. Die Zukunftsfähigkeit der schleiftechnischen Branche im deutschsprachigen Raum demonstrierten sechs spannende Impulsvorträge von Nachwuchswissenschaftlern fünf renommierter Hochschulen in der Postersession der Schleiftagung 2025.
Eine nachhaltige Fertigung erfordert, dass Abfallprodukte sinnvollen Nachnutzungen zugeführt werden. So zeigte Anna-Caroline Assmann (Lehrstuhl für Anthropogene Stoffkreisläufe ANTS der RWTH Aachen) die Ergebnisse einer umweltingenieurwissenschaftlichen Forschungsarbeit, wie aus Schleifschlamm Recyclingwerkstoffe extrahiert werden können, die zur Fertigung neuer Bauteile eingesetzt werden können. Der anschließende Vortrag von Jonathan Gehmlich (Lehmann-UMT GmbH) lieferte anhand einer praktischen Fallstudie Anstöße, durch eine angepasste Filtration auch die Weiternutzung des abgeschiedenen Kühlschmierstoffs zu optimieren und so wirtschaftliche und ökologische Potenziale zugleich zu heben.
Traditionell rundete die von Tagungsleiter Jannik Röttger moderierte Podiumsdiskussion das inhaltliche Programm des ersten Veranstaltungstags ab. Darin diskutierte der Fachbeirat der Schleiftagung gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Bergs die derzeitigen Herausforderungen und Randbedingungen der Schleiftechnik – immer mit dem Blick nach vorne, welche Chancen genutzt werden können, um trotz der Herausforderungen auf eine erfolgreichere Zukunft hinzuarbeiten. Abschließend fasste Jannik Röttger einen zentralen Aspekt auf, der auch in der vorhergehenden Meinungsumfrage ein klares Ergebnis war: Die Begeisterung der anwesenden Fachleute und Führungskräfte für die Schleiftechnik sei hoch und einer der stärksten Technologietreiber – „und genau das leben wir auf der Schleiftagung.“ Den Beweis für diese Aussage lieferte sogleich die folgende Abendveranstaltung, die Gelegenheit zur Weiterführung wertvoller Diskussionen in vertrauter Atmosphäre bot. Ein Auftritt des Comedians Patrick Nederkoorn sorgte für eine heitere Stimmung.
In der Session zu innovativen Schleifwerkzeugen präsentierte Dr. Benjamin Bergmann (IFW Hannover) Forschungsergebnisse zum Einfluss schon kleiner Änderungen in der Zusammensetzung einer Schleifscheibenbindung für die Hartmetallbearbeitung. Dr. Mirko Theuer (Hermes Schleifmittel GmbH) nahm anschließend eine andere, ökonomisch getriebene Perspektive auf die Schleifscheibenauslegung ein und beantwortete die Frage, wie die Schleifbearbeitung aus Werkzeugsicht wirtschaftlich wird, indem der Leistungsanspruch erfüllt und dabei eine maximale Kosteneffizienz pro geschliffenem Bauteil erreicht wird. In Anwendungen wie dem Automotive-Bereich werden immer häufiger schwer zerspanbare Stahllegierungen eingesetzt. Gleichzeitig werden die Prozessfenster immer kleiner, in denen einsatzfähige Bauteile entstehen. Michael Glasenapp (3M Wendt GmbH) zeigte anhand experimenteller Untersuchungen, wie innovative, keramisch gebundene CBN-Schleifwerkzeuge eingesetzt werden können, um dieser Herausforderung erfolgreich entgegenzutreten.
Der vierte große Themenbereich jeder Schleiftagung ist die effiziente Prozessauslegung. In der Luftfahrtindustrie heißt dies, besondere Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen an die Bauteile bei gleichzeitig hochspezialisierten Werkstoffen wirtschaftlich zu erfüllen. Gerade für Bauteilgeometrien mit dreidimensionalen Freiformflächen begegnet die MTU Aero Engines AG dem, wie der Vortrag von Sebastian Koch zeigte, mit einem prozessintegrierten Maschinenkonzept, das die Zerspanung mit geometrisch definierter und undefinierter Schneide gemeinsam mit einem Entgratverfahren und der notwendigen Messtechnik vereint. Er blickte darüber hinaus auf die Datenverarbeitung, die mit der Fertigung auf dieser Maschine verbunden ist. Dr. Monika Kipp (ISF – TU Dortmund) trug wissenschaftlich fundiert zu zwei Möglichkeiten zur schleiftechnischen Einstellung von Oberflächentopographien an Hartmetall-Zerspanwerkzeugen vor – einerseits mithilfe elastisch gebundener Diamantschleifscheiben und andererseits mittels diamantbelegter Schaumstoffe.
Zwischenzeitlich lieferte der unterhaltsame Exkurs von Dr. Andreas Groß (Heinz Berger Maschinenfabrik GmbH & Co. KG) grundlegende Erklärungen und praktische Anwendungsbeispiele für KI und Robotik, wie sie in der Schleiftechnik und darüber hinaus angewendet werden können. Mit der Antriebstechnik beleuchtete Alexander Spatzig (Nidec Machine Tool Corporation) ein drittes Handlungsfeld neben der Aerospace- und Werkzeugtechnik. In seinem Vortrag gab er Einblicke in Versuche zum Innenwälzschleifen von Verzahnungen und das Finden eines geeigneten Kompromisses zwischen Bauteilqualität und Taktzeit.
Zum Ende der Tagung griff Irina Eisele (EMAG Maschinenfabrik GmbH) ein Trendthema der vorherigen beiden Schleiftagungen auf: die hartstoffbeschichtete und damit Euro-7-konforme Bremsscheibe. In den vergangenen Jahren trugen dazu Experten aus Sicht der Schleifwerkzeug- und die Schleifmaschinentechnik vor. Eisele erklärte nun die Erfassung und Vernetzung von Daten aus den Dreh-, Laserauftragschweiß- und Schleifprozessen, die an der Bremsscheibenherstellung beteiligt sind. Bezogen auf die gesamte Bauteilherstellung soll durch diesen prozesskettenorientierten Ansatz eine hohe Effizienz und Qualität erreicht werden.
In der Industrieausstellung der Schleiftagung 2025 zeigten so viele namhafte Unternehmen und Institutionen aus der Schleiftechnik wie bisher noch auf keiner Schleiftagung ihre Innovationen. Sie bot die Möglichkeit, daraus gleich Kooperationspotenziale abzuleiten und sich mit den richtigen Ansprechpersonen zu vernetzen. Vertreten waren die Unternehmen Polytec GmbH; Mehytec oHG; Hofmann Mess- und Auswuchttechnik GmbH & Co. KG; Carl Bechem GmbH; Automation, Sonder- und Werkzeugmaschinen ASW GmbH; KNOLL Maschinenbau GmbH; Blaser Swisslube GmbH; WMT Leipzig GmbH; Grindaix GmbH – A Quaker Houghton Company; DR. KAISER DIAMANTWERKZEUGE GmbH & Co. KG; GMN Paul Müller Industrie GmbH & Co. KG; FANUC Deutschland GmbH; Tyrolit – Schleifmittelwerke Swarovski AG & Co K.G.; SPL Spindel und Präzisionslager GmbH; Röders GmbH; Reckel GmbH; Castrol Germany GmbH sowie ein Infostand der schleiftechnischen Fachmesse GrindingHub und ein Stand des Manufacturing Technology Institute – MTI der RWTH Aachen.
Nach der gelungenen Veranstaltung 2025 freuen sich viele der etwa 170 Teilnehmenden bereits auf die nächste Schleiftagung, die am 4. und 5. Februar 2026 ebenfalls in der Schwabenlandhalle Fellbach stattfinden wird. Weitere Informationen sind stets unter www.schleiftagung.de verfügbar.
Direkter Kontakt: Peter Breuer, schleiftagung@refocus-consulting.com, +49 241 80-27367.
alle Bilder © Manufacturing Technology Institute MTI der RWTH Aachen / Fotograf: Jakob Kriener